Last Updated on 27. März 2025 by redaktion
Von Matthias Guericke / achgut.com
Beim Urteil gegen den „Maskenrichter“ Christian Dettmar (Foto oben) ging es im Grunde um seine Weigerung, sich eine Meinung von „offiziellen Stellen“ vorgeben zu lassen. Letztendlich soll der Vorwurf an die Justiz, in der Coronakrise systematisch versagt zu haben, abgewehrt werden.
Der Weimarer Familienrichter Christian Dettmar hatte am 8. April 2021 zwei Schulen untersagt, das Tragen von Masken, Mindestabstände und die Teilnahme an Corona-Schnelltests anzuordnen. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft Erfurt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen ihn ein, inklusive der Durchsuchung seines Dienstzimmers und seiner Privatwohnung.
Das Landgericht Erfurt verurteilte Dettmar am 23. August 2023 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Rechtsbeugung. Der 2. Senat des Bundesgerichtshofs bestätigte am 20. November 2024 das Urteil in der Revision. Nach Argumentation des BGH sollten die Aspekte, ob es dem Angeklagten darauf ankam, Kindeswohlgefährdungen abzuwenden oder nicht, ob die Maskenpflicht in der Schule wirksam war oder nicht, ob sie das Kindeswohl gefährdete oder harmlos war, im Ergebnis verhältnismäßig oder verfassungswidrig, irrelevant für die Frage der elementaren Rechtsverletzung sein.
Matthias Guericke kommentiert im Folgenden die nun vorliegende schriftliche Urteilsbegründung.
Am 20. November 2024 wurde in Karlsruhe das Revisionsurteil des 2. Strafsenats im Strafverfahren gegen Richter Christian Dettmar (Az. 2 StR 54/24) verkündet und mündlich begründet. Dazu ist auf dieser Website bereits ein kurzer vorläufiger Kommentar erschienen (Achgut berichtete). Seit dem 7. Februar liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor, so dass nunmehr eine umfassende Kritik des Urteils möglich ist. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Urteilsbegründung muss jeden Juristen, ganz unabhängig davon, wie er zu den Coronamaßnahmen steht, sprachlos machen. Nur durch den Bruch einer grundlegenden Regel rationaler Argumentation kommt der Senat zur Verwerfung der Revision.
Die Kritik folgt diesen Schritten:
Zunächst wird dargestellt, welche Handlungen dem Angeklagten laut Senat hinsichtlich des Vorwurfs der Rechtsbeugung anzulasten sind (tatbestandsmäßiges Verhalten). Danach – und damit ist der erstaunliche Höhepunkt der Argumentation des Senats bereits erreicht – wird erläutert, inwiefern er dabei den für eine Rechtsbeugung erforderlichen elementaren Rechtsverstoß als gegeben ansieht. Die Argumentation zum tatbestandsmäßigen Erfolg wird übersprungen, weil dazu, damit es auch für Nichtjuristen verständlich wird, komplizierte und längere Erläuterungen notwendig wären, die der Kritik im Ergebnis nichts Entscheidendes hinzufügen würden. Deshalb schließt sich direkt die Auseinandersetzung mit dem Vorsatz an. Den Abschluss bildet ein Erklärungsversuch, wie ein solches Urteil überhaupt möglich ist.
https://www.achgut.com/artikel/corona_bgh_verurteilt_richter_weil_er_sich_eigene_meinung_gebildet_hat
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Von Matthias Guericke / achgut.com
Beim Urteil gegen den „Maskenrichter“ Christian Dettmar (Foto oben) ging es im Grunde um seine Weigerung, sich eine Meinung von „offiziellen Stellen“ vorgeben zu lassen. Letztendlich soll der Vorwurf an die Justiz, in der Coronakrise systematisch versagt zu haben, abgewehrt werden.
Der Weimarer Familienrichter Christian Dettmar hatte am 8. April 2021 zwei Schulen untersagt, das Tragen von Masken, Mindestabstände und die Teilnahme an Corona-Schnelltests anzuordnen. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft Erfurt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen ihn ein, inklusive der Durchsuchung seines Dienstzimmers und seiner Privatwohnung.
Das Landgericht Erfurt verurteilte Dettmar am 23. August 2023 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Rechtsbeugung. Der 2. Senat des Bundesgerichtshofs bestätigte am 20. November 2024 das Urteil in der Revision. Nach Argumentation des BGH sollten die Aspekte, ob es dem Angeklagten darauf ankam, Kindeswohlgefährdungen abzuwenden oder nicht, ob die Maskenpflicht in der Schule wirksam war oder nicht, ob sie das Kindeswohl gefährdete oder harmlos war, im Ergebnis verhältnismäßig oder verfassungswidrig, irrelevant für die Frage der elementaren Rechtsverletzung sein.
Matthias Guericke kommentiert im Folgenden die nun vorliegende schriftliche Urteilsbegründung.
Am 20. November 2024 wurde in Karlsruhe das Revisionsurteil des 2. Strafsenats im Strafverfahren gegen Richter Christian Dettmar (Az. 2 StR 54/24) verkündet und mündlich begründet. Dazu ist auf dieser Website bereits ein kurzer vorläufiger Kommentar erschienen (Achgut berichtete). Seit dem 7. Februar liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor, so dass nunmehr eine umfassende Kritik des Urteils möglich ist. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Urteilsbegründung muss jeden Juristen, ganz unabhängig davon, wie er zu den Coronamaßnahmen steht, sprachlos machen. Nur durch den Bruch einer grundlegenden Regel rationaler Argumentation kommt der Senat zur Verwerfung der Revision.
Die Kritik folgt diesen Schritten:
Zunächst wird dargestellt, welche Handlungen dem Angeklagten laut Senat hinsichtlich des Vorwurfs der Rechtsbeugung anzulasten sind (tatbestandsmäßiges Verhalten). Danach – und damit ist der erstaunliche Höhepunkt der Argumentation des Senats bereits erreicht – wird erläutert, inwiefern er dabei den für eine Rechtsbeugung erforderlichen elementaren Rechtsverstoß als gegeben ansieht. Die Argumentation zum tatbestandsmäßigen Erfolg wird übersprungen, weil dazu, damit es auch für Nichtjuristen verständlich wird, komplizierte und längere Erläuterungen notwendig wären, die der Kritik im Ergebnis nichts Entscheidendes hinzufügen würden. Deshalb schließt sich direkt die Auseinandersetzung mit dem Vorsatz an. Den Abschluss bildet ein Erklärungsversuch, wie ein solches Urteil überhaupt möglich ist.
https://www.achgut.com/artikel/corona_bgh_verurteilt_richter_weil_er_sich_eigene_meinung_gebildet_hat